Gefätschtes Christkind/Fatschenkind
Im verglasten Holzschrein liegt die Figur des neu geborenen Christkindes/Jesuskindes. Der bis zum Schulteransatz reichende Kopf wurde mit Hilfe eines Modells aus Wachs gegossen und mit einer Perücke aus unverarbeiteter Schafswolle versehen. Der Körper (aus Holz oder Werg?) ist in blumenbestickte Seide mit Spitzenbesatz gewickelt. Das Christkind liegt in einer Grotte. Der Felsen ist aus mit Glimmer bestreutem Knitterpapier nachgebildet und der Boden ist mit Moss belegt. Darin stecken Muscheln, Perlen und ein Seestern (alles Mariensymbole) sowie ein (Nonnen-?) Figürchen und zwei Sänftenträger.
Solche Christkinder sind Abbilder des seit der Antike bis zu Jean-Jacques Rousseaus (28.06.1712–02.07.1778) Kampfruf «Retour à la nature» (Zitat wird ihm zugeschrieben, taucht jedoch in keiner schriftlichen Quelle auf) und in ländlichen Gegenden zum Teil noch viel länger geübten Brauches, die Körper der Säuglinge mit Bändern zu umwickeln. Damit glaubte man ein ruhiges Verhalten und einen ebenmässigen, geraden Körperwuchs zu fördern sowie das Kind gegen Stösse zu schützen. Ursprünglich aus dem weltlichen Alltag übernommen, hat der Wickelbrauch in den Christkind-Darstellungen am längsten überlebt. Für diese ist heute die Bezeichnung «Fatschenkind» üblich (vom italienischen fasciare= einwickeln).
Die Einfachheit von Technik, Materialien und Zierrat zeugen von keiner grossen Kunsthandfertigkeit und von den bescheidenen finanziellen Verhältnissen, unter denen seit der Mitte des 19. Jahrhunderts viele Frauenklöster litten. Nonnen waren es vor allem, die solche Jesuskinder herstellten, daher die Bezeichnung Koster- oder Klosterfrauenarbeit. Solche Christkind-Kästchen wurden nicht nur in Klöstern und Bürgerhäusern aufgestellt, sondern auch in Kapellen und Pfarrkirchen, wo sie bis zum Aufkommen der seriell hergestellten Gipskrippen oft die einzige Weihnachtsdarstellung waren.
Das Fatschnekind ist im Museum Burg Zug (1. Obergeschoss, Barockraum) ausgestellt.